In eigener Sache

Liebe Freundinnen und Freunde,
ich wende mich heute in eigener Sache an Euch.

Fast drei Jahrzehnte bin ich in unserer Partei aktiv und durfte fast alle Ebenen kennenlernen und mitgestalten. Fünfmal wurde ich von Euch zur Landessprecherin gewählt, viermal in den Bundesvorstand und seit drei Legislaturperioden darf ich bündnisgrüne Politik im Landtag vertreten. Dazu kommt mein Ehrenamt als grüne Stadträtin, wo ich schon seit 2004 immer wieder mein Engagement einbringen durfte und auch im Parteirat im Bund war ich etliche Jahre unsere Stimme.

Nach 15 Jahren außerparlamentarischer Opposition gelang uns 2009 mit mir als Spitzenkandidatin endlich wieder der Sprung in den Landtag. Das war ein wahrer Kraftakt. Wir lernten die parlamentarische Opposition kennen, bauten flächendeckende Strukturen mit Abgeordnetenbüros im Land und unsere großartige Fraktion mit tollen Mitarbeiter*innen im Landtag auf, kamen 2014 in Regierungsverantwortung und erleben nun seit 2019 das Arbeiten in einer Minderheitsregierung unter erschwerten Bedingungen und mit einer die Demokratie und die Grundrechte verächtlich machenden extrem rechten AfD.

Ich war und bin dankbar dafür, dass Ihr mir über so viele Jahre und unter unterschiedlichsten Bedingungen die Möglichkeit gegeben habt, unsere bündnisgrüne Politik ganz maßgeblich zu prägen – ich nenne hier nur meine drei absoluten Herzensanliegen: Die Bildungspolitik mit all ihren Facetten, die Migration und Integration und das Thema Aufarbeitung.

Und ich danke vor allem auch dieser Fraktion, die mit gerade mal fünf Abgeordneten wirklich alles gibt, um Klimaschutz, Ökologie, Demokratie und Gerechtigkeit ganz maßgeblich voranzubringen. Danke, Madeleine, Babette, Olaf und Laura für Euren Teamgeist und unser gutes Miteinander. Danke auch an all die anderen, mit denen ich vielleicht auch oft gerungen aber zugleich viel erreicht und von denen ich viel gelernt habe.

Ich bin ein Mensch, der immer mit voller Kraft für das streitet, was mir am Herzen liegt. Das fordert sicher mitunter auch andere. Aber mir geht es immer um die Sache und ich habe den Anspruch, gerade in Auseinandersetzungen fair zu bleiben.

Mein Wunsch ist, dass auch nach der Landtagswahl mit einer selbstbewussten und gut aufgestellten Fraktion bündnisgrüne Politik in Thüringen weiter vorangetrieben wird und ich weiß diese auch zukünftig in guten Händen.

Ich aber werde da selbst nicht mehr dabei sein. Schon seit längerem habe ich entschieden, nicht wieder für den Landtag und den Stadtrat zu kandidieren.

Das hat zuvorderst private aber auch politische Gründe. Die letzten Jahre und Jahrzehnte waren bewegend, haben viel Freude bereitet, waren aber auch unglaublich kräftezehrend. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es mitunter Wechsel braucht, um sich nicht selbst festzufahren.

Sicher braucht es in der Politik immer wieder auch Kompromisse, gerade als Minderheitsregierung mit der demokratischen Opposition. Wir ringen gerade um den Haushalt für 2024 und ich bin bereit, auch hier wieder (fast) alles dafür zu tun, damit dieser gelingt, auch wenn es weh tut.

Dennoch gibt es politische Themen, in denen ich meinen eigenen Ansprüchen auch und gerade unter diesen Bedingungen nicht gerecht werden konnte und das schmerzt. Und ich kann und will mich nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen.

Auch deshalb ist es Zeit für mich zu gehen, wo immer dann meine nächste Station sein wird. Die Zeit, darüber nachzudenken, nehme ich mir nach der Landtagswahl. Ich weiß es nämlich wirklich noch nicht.

Keine Sorge, ich werde als Fraktionsvorsitzende bis zur Landtagswahl und im Stadtrat bis zum Ende der Legislatur auch weiter wie gewohnt für uns arbeiten. Und mein Herz schlägt weiter für eine ökologische, demokratische und gerechte Politik, die auch und gerade die Schwächsten und die Kleinsten nicht aus dem Blick verliert.

Eure Astrid

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