Grüne begrüßen Vorschlag für Assistenzkräfte in Kitas
Astrid Rothe-Beinlich: Kindergärten brauchen gerade in Pandemiezeiten Flexibilität
Angesichts der verstärkten Hygieneauflagen und Anforderungen an die Kindergärten aufgrund der Corona-Pandemie soll nun das Fachkräftegebot gelockert werden. Somit können Kindergärten bis zu 10 Prozent ihres Personals auch durch Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen besetzen. Dazu nimmt Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie folgt Stellung:
„Wir begrüßen, dass unser Vorschlag für Corona-Assistenzkräfte in Kindergärten endlich aufgenommen wurde. Wir fordern diese bereits seit Langem. Immer mehr Kindergärten haben angesichts der geltenden Hygiene-Auflagen und eines hohen Krankenstandes sowie vieler Erzieher*innen, die zur Risikogruppe gehören, Schwierigkeiten, die gesetzlich vorgesehenen Betreuungszeiten abzudecken. Assistenzkräfte können gerade auch in solchen Situationen unterstützen, wo es beispielsweise an Erzieher*innen fehlt, weil diese schlicht auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Die Befürchtung, dass die Qualität der frühkindlichen Bildung durch Assistenzkräfte leidet, teilen wir nicht. Die Regelung ist zeitlich befristet und soll den Einrichtungen die nötige Flexibilität geben, damit die Betreuungszeiten auch in der Pandemie gewährleistet sind. Entscheidend ist, dass die Assistenzkräfte eine Perspektive durch eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieher*in erhalten. So gewinnen wir im besten Fall auch Fachkräfte für morgen.“
„Qualität in der Frühkindlichen Bildung sicherstellen – Assistenzkräfte zur Unterstützung ermöglichen“
Worum gehts?
Das Bildungsministerium hat am 27.10.2020 die Jugendämter durch ein Schreiben davon informiert, dass ab sofort nach § 16 Abs. 1 S. 5 ThürKigaG staatlich geprüfte Sozialassistent*innen und staatlich geprüfte Kinderpfleger*innen als geeignete pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen anerkannt werden. Diese Regelung ist bis Juli 2023 zeitlich befristet.
Warum überhaupt Assistenzkräfte?
Die Kindergärten und Krippen sind derzeit aufgrund der Corona-Pandemie mit hohen zusätzlichen Herausforderungen im Pandemiemanagement konfrontiert, für die ihnen kein zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt wurde. Assistenzkräfte sollen genau hier ansetzen und Erzieher*innen bei diesen Tätigkeiten entlasten, damit diese sich intensiver den Kinder widmen können.
Welche Auflagen sind das?
– häufige Raumlüftung unter Wahrung der Unfallvorschriften
– Verzicht auf gruppenübergreifende Aktivitäten
– Feste Ess- und Schlafplatzzuweisung
– Verlegung von Aktivitäten ins Freie unter Berücksichtigung der Infektionsschutzvorschriften, dabei möglichst Meidung des Öffentlichen Personennahverkehrs
– Bildung von Outdoor- und Waldgruppen
– Durchführung von Förderangeboten (Frühförderung) unter besonderer Berücksichtigung von Hygienemaßnahmen zum Schutz der Beteiligten, notfalls auch außerhalb der Kindertageseinrichtung
– Ausweitung und strenge Kontrolle von Betretungsverboten
– Versetzte Hol- und Bringzeiten, Übergabe der Kinder außerhalb der Einrichtung
– Verlagerung von Elterngesprächen nach außerhalb der Einrichtung, z. B. in die Räume des Trägers
– Management von Elternabenden unter besonderen infektionshygienischen Vorsichtsmaßnahmen
Wir denken, dass die Qualität dr Betreuung in unseren Kindergärten nicht unter den Assistenzkräften leidet. Warum?
a) Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen sind zweijährige staatliche geprüfte Ausbildungsberufe, für die es einsehbare Lehrpläne mit ausdifferenzierten theoretischen und praktischen Kompetenzfeldern gibt. Sie verfügen also über Wissen und Fähigkeiten, um in Kindertageseinrichtungen tätig zu werden.
b) Assistenzkräfte werden voraussichtlich genau dort eingestellt, wo derzeit es an Erzieher*innen mangelt. Momentan gibt es ca. 400 unbesetzte Stellen für Erzieher*innen in Thüringen. Assistenzkräfte ersetzen damit keine Erzieher*innen, sondern füllen im wahrsten Sinne des Wortes bestehende Lücken, indem sie zeitlich befristet unbesetzte Stellen wahrnehmen.
c) Die anrechenbare Quote von Assistenzkräften ist auf 10 Prozent des Personalschlüssels begrenzt. Eine durchschnittliche Kita mit 10 Vollzeitstellen an Erzieher*innen könnte also gerade einmal eine Assistenzkraft einstellen. Diese soll zudem als Zweitkraft eingesetzt werden, d.h. ein*e Erzieher*in ist immer mit anwesend.
d) Assistenzkräfte sollen vorrangig Erzieher*innen von nichtpädagogischen Aufgaben entlasten und vor allem pflegerische und hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernehmen.
e) Assistenzkräfte sollen zudem die Chance erhalten, berufsbegleitend eine Ausbildung zu machen. D.h. sie erwerben im Verlauf ihrer Tätigkeiten immer mehr Kompetenzen und Fähigkeiten. Im besten Fall generieren wir so Fachkräfte für morgen.
Was haben wir als Grüne Landtagsfraktion für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung bisher erreicht?
Wir haben in den vergangenen Jahren die Personalsituation in den Kindergärten bereits deutlich verbessert. Für die 3- bis 4-Jährigen gilt nun ein Betreuungsschlüssel von 1:12und für die 4- bis 5-Jährigen von 1:14. Große Kitas mit mehr als 100 Kindern bekommen mehr Ressourcen für die Leitung und 130 Modellkindergärten ab 2021 zusätzliche Unterstützung für multiprofessionelle Teams. Ab 2020 wurde durch uns die geförderte praxisintegrierte Ausbildung eingeführt, die wir nun Jahr für Jahr weiter ausbauen. Tagespflegemütter und -väter haben leichteren Zugang zu Fortbildung und werden durch die Umstellung auf eine stundenweise Entlohnung nun besser entlohnt. Im Kindergartengesetz haben wir die Mitwirkungsrechte von Kindern klar formuliert und verankert
Was wollen wir langfristig erreichen, um die Qualität in unseren Kondergärten weiter zu erhöhen?
– bis 2026 eine pädagogische Fachkraft für maximal vier Kinder unter drei Altersjahren und maximal 10 Kinder ab drei Altersjahren
– mehr Ressourcen für Leitungsaufgaben in Kindergärten
– Brennpunkt- und Inklusionskindergärten durch multiprofessionelle Teams fördern
– Praxisintegrierte Erzieher*innenausbildung flächendeckend einführen
– weiteren Anstieg der Elternbeiträge verhindern
– Fachberatung und Unterstützung für Kindergärten gewährleisten
– Neubau und Sanierung von Kindergärten in den Kommunen weiter fördern
– Kommunale Finanzierung der Kindergärten neu ordnen
– Sprachförderung für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache intensivieren
– Eltern-Kind-Zentren konsequent ausbauen
– Kindertagespflegeverbünde für bis zu 10 Kinder ermöglichen und die Bezahlung der Tagespflegepersonen verbessern
– ein gesundes, warmes und bezahlbares Mittagessen für jedes Kind sicherstellen
für Rückfragen:
Tino Gaßmann
Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Bildung, Jugend, Asyl und Migration)
T: +49(0)361/ 37 726 83
F: +49(0)361/ 37 726 65
tino.gassmann(at)gruene-thl(dot)de
Im Landtag: Jürgen-Fuchs-Str. 1, 99096 Erfurt
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Unsicherheit bei Landesprogramm Sprach-Kitas
Angesichts der zunehmenden Unsicherheit bei Kindergartenträgern, ob das Landesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ nach 2024 weitergefördert wird, zeigt sich Astrid Rothe- Beinlich, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag, besorgt: „Wir haben hart dafür gekämpft, dass wir das seit 2016 in Thüringen erfolgreich etablierte Programm mit Landesmitteln sichern konnten. Unser Ziel war zudem, das Sprach-Kita Programm mit dem ähnlich strukturierten Programm „Vielfalt vor Ort begegnen“ zu einem gemeinsamen Landesprogramm weiterzuentwickeln. Auch deshalb ist es notwendig, Sprach-Kitas – synchron zu „Vielfalt vor Ort begegnen“ – ebenfalls mindestens bis 31. Dezember 2025 weiter zu fördern. Andernfalls droht hier eine Förderlücke, die wir uns angesichts der enormen Herausforderungen bei der Sprachbildung nicht leisten können.“
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »
17. Juni erinnert an den Volksaufstand und die Opfer von SED-Unrecht und Willkürherrschaft
„Vor 71 Jahren entwickelte sich ein Streik für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen in Ost-Berlin zu einem landesweiten Aufstand gegen die SED-Diktatur, der schließlich blutig niedergeschlagen wurde. Am 17. Juni gedenken wir der Opfer, Toten und Verhafteten und erinnern zugleich an den ersten mühsam erkämpften Schritt zur Beendigung der SED-Diktatur in Ostdeutschland. Wir gedenken aller, die im Widerstand gegen die Willkür ihr Leben ließen. Zudem gilt unsere Unterstützung denen, die in der Folge zu Opfern des SED-Unrechts wurden und noch heute mit den Folgen zu leben haben.“
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »
Kindergartengesetz setzt Maßstäbe – Danke für den außerparlamentarischen Druck!
„Wir haben von Beginn an mit unserer Gesetzesinitiative deutlich gemacht, dass wir den Betreuungsschlüssel senken wollen und ich bin froh, dass wir Wort halten konnten. Denn es ist kein Geheimnis, dass es ohne den Druck von Erzieher*innen, Eltern, Trägern und Gewerkschaften schwer geworden wäre, die CDU von einer Zustimmung zu unserem Gesetz zu überzeugen. Für dieses Engagement mit Demonstrationen und vielfältigen Aktionen bin ich daher von ganzem Herzen dankbar.“
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »