Astrid Rothe-Beinlich berichtet vom Nazispektakel
Mehr als 2200 Neonazis kamen am 8. und 9. Juni nach Themar, um dort ein Rechtsrockfestival unter dem Motto: „Tage der nationalen Bewegung“ zu besuchen.
Ein Verbot des Nazispektakels war zuvor in mehreren Instanzen gescheitert. Auch das Alkoholverbot wurde so gelockert, dass ab 20 Uhr Bier und Biermischgetränke auf dem Gelände verkauft werden durften, da, so die Urteilsbegründung, somit keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bestünde (kann man sich nicht ausdenken. sic…) Allerdings bot die nur 30m neben dem Festivalgelände befindliche AVIS-Tankstelle ohnehin die Gelegenheit für alle Teilnehmenden von Rechts, sich im wahrsten Sinne des Wortes zu betanken und davon wurde auch reichlich Gebrauch gemacht.
Das Rechtsrockfestival galt offiziell als Versammlung und fiel somit unter das Versammlungsrecht, obwohl sowohl im Vorverkauf als auch am Einlass direkt Tickets zu erwerben waren. Als Redner zwischen den Auftritten der Nazi- und Rechtsrockbands traten u.a. der Europabgeordnete der NPD, Udo Voigt und der Verteidiger von Ralf Wohlleben im NSU-Prozess, Wolfram Nahrath, einst Anführer der 1994 verbotenen Wiking Jugend, der Teile seines Plädoyers vortrug, auf.
Auf dem Festivalgelände befanden sich neben dem großen Festzelt jede Menge Verkaufsstände von rechtsextremen Labels und Versänden, wie dem Herrmannsland-Versand, Ansgar Aryan, Rebel Records, Black Legion, Deutsches Warenhaus etc. , die sehr offensichtlich machten, dass es hier maßgeblich um den Verkauf rechten Materials, rechtsextremer Musik, Literatur und Kleidung aber auch in Form von sonstigen identitätsstiftenden Produkten ging.
Außerdem gab es Informationsstände von NPD, Jungen Nationalisten, Ring Nationaler Frauen, GefangenenHilfe, N.S.HEUTE, Pommerscher Buchdienst und jede Menge antiquarische Bücher aus dem I. und II: Weltkrieg.
Die Polizei griff organisiert durch und brach bspw. den Auftritt von „Brutal attack“ am Samstag abend ab, als diese ein indiziertes Lied spielten.
Ein Rundgang über das Festivalgelände ermöglichte uns als parlamentarischer Beobachtungsgruppe tiefere Einblicke in das Festival und machte deutlich, dass hier Neonazis unterschiedlichster Couleur ein Betätigungsfeld gefunden haben. Eine Fortsetzung droht in Themar bereits am 25. August.
Wir haben nach dem Juniwochenende viele Fragen, die wir auch mit Anfragen zu ergründen suchen und meinen weiterhin, dass es alles dafür zu tun gilt, derartige Nazikommerzveranstaltungen unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit nicht noch häufiger in Thüringen erleben zu müssen. Wir werden jedenfalls alles dafür tun, Thüringen nicht immer wieder zum Rückzugsort für Nazikonzerte werden zu lassen.
Unser Dank gilt dem Themarer Bündnis gegen Rechts, die vor Ort den Widerstand organisieren und als Protest gegen die Nazis und zur Verdeutlichung der Folgen eines solchen Treibens neben dem
Festivalgelände 193 Holzkreuze mit den Namen der seit 1990 von Neonazis getöteten Menschen aufgestellt haben, um an diese zu erinnern.
veröffentlicht am 12.06.2018
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