Der geplante Bau einer Moschee in Erfurt hat zu intensiven Diskussionen in und auch außerhalb Erfurts geführt
Vor dem Hintergrund einer populärwissenschaftlichen AfD-Veröffentlichung zum Thema Islam und zu den aktuellen Aktivitäten dieser Partei äußert sich die gesamte Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Erfurter Stadtrat:
Die Debatte um die geplante Moschee im Gewerbegebiet zwischen Erfurt und Marbach nimmt unserer Ansicht nach zunehmend unfaire, unsachliche und emotional völlig überzogene Züge an. Als Marbacherin kommt unsere Stadträtin Astrid Rothe Beinlich zunehmend auch mit Menschen ins Gespräch, die sich von der medial inszenierten und gefühlten Ablehnung nicht vertreten fühlen. Natürlich sehen auch wir die Ablehnung in großen Teilen der Bevölkerung. Darum hatte die Ahmadiyya-Gemeinde zum Bürgerdialog in Marbach eingeladen und sich den Fragen der Bevölkerung gestellt.
Der AfD geht es allerdings nicht um den Dialog, sondern um die Diffamierung „des Islam“. Mit der Veröffentlichung eines eigenen Büchleins mit angeblichen Fakten und Argumenten über „den Islam“ und dem angekündigten Bürgerbegehren gegen die Moschee will die AfD unsere Gesellschaft spalten und alle Muslime kollektiv und präventiv unter Generalverdacht stellen. Diese Vorgehensweise löst keine einzige Differenz, sondern stellt sie auf Dauer. Natürlich ist nicht alles gut innerhalb der islamischen Welt (genauso wie in jeder anderen Religion) – aber alles pauschal schlecht zu reden, macht tatsächlich alles für alle schlechter. Auch innerhalb unserer Gesellschaft ist noch lange nicht alles gut – auch darüber ließe sich vortrefflich diskutieren. Wir müssen Wege des friedvollen und respektvollen Zusammenlebens finden – das ist klug, menschlich und zivilisiert. Und diese Wege liegen innerhalb, und nicht außerhalb des Grundgesetzes!
Wir können nicht das Grundgesetz dadurch schützen, indem wir damit beginnen, es abzuschaffen. Nichts anderes führt die AfD im Schilde, wenn sie einer religiösen Gemeinde, welche in Deutschland zudem als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Kirchen gleichgestellt ist, ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit versagen will. Zur Religionsfreiheit gehören auch die entsprechenden Gotteshäuser, zu einem Rechtsstaat existentiell der Minderheitenschutz. Grundrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen ist das Wesensmerkmal einer freien und offenen Gesellschaft. Darum sind Grundrechte nicht verhandelbar. Ein Bürgerbegehren läuft hier darum ins Leere. Damit betreibt die AfD einen Frontalangriff auf unser Grundgesetz – gut versteckt im Windschatten einer mutwillig aufgeheizten Moschee-Debatte.
Wir sollten uns ehrlich die Fragen stellen, welche Einbußen eine Moschee im Gewerbegebiet vor Marbach denn überhaupt für uns hätte. Welche Einschränkungen haben wir dadurch überhaupt zu erwarten? Welche Bereicherung könnten wir erfahren? Wollen wir wirklich anfangen, wesentliche Grundrechte einer Minderheit zu verweigern? Welche Minderheit wäre dann morgen und übermorgen an der Reihe? Unsere eigene Geschichte mahnt uns dringend davon Abstand zu nehmen, wie sie uns zugleich zu einer Haltung der Menschlichkeit auffordert. Vor diesem Hintergrund zollen wir dem aktuellen, offenen Brief einiger CDU-Politikerinnen und CDU-Politiker gegen die AfD-Kampagne höchsten Respekt,“ betont die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Erfurter Stadtrat abschließend.
veröffentlicht am 17.06.2016
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Unterwegs in Sachen Migration, Integration: zwischen Willkommenskultur und Rassismus in Erfurt
Während unserer Sommertour in Erfurt besuchten wir u.a. eine Container-Unterkunft für Geflüchtete Im Gebreite und das Zentrum für Integration & Migration in Erfurt. Des Weiteren führten wir Gespräche mit EmpowerMensch, dem Verein der ukrainischen Landsleute, vier verschiedenen Selbstvertretungsorganisationen, dem Netzwerk für Integration, dem Internationalen Bund sowie einer kurdischen Aktivistin.
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »
11. GrenzerFAHRung – Am grünen Band zum Ostseestrand
„Zehnmal waren wir schon unterwegs. Initiiert wurde diese Tour entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die immer rund um den 13. August stattfindet, von unserem ehemaligen Abgeordneten Carsten Meyer gemeinsam mit mir. Getragen wird sie seither von der grünen Landtagsfraktion und DAKT e.V., der kommunalpolitischen Vereinigung. Nachdem wir Thüringens Grenzen komplett erfahren hatten, radelten wir immer weiter Richtung Norden. Und dieses Jahr geht es nun auf die vorerst letzte Etappe: Vom grünen Band zum Ostseestrand“, so Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende der grünen Landtagsfraktion.
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »
Mauerbau am 13. August stand für Unfreiheit und Tod
„Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 und der Teilung Deutschlands durch eine tödliche Grenze ist unglaublich viel Leid einhergegangen. Familien wurden zerrissen, Menschen in ihrem eigenen Land ein- oder aus ihrer Heimat ausgesperrt. Ihnen wurde tausendfaches und tiefgreifendes Unrecht zugefügt. Wer aus der DDR fliehen wollte, musste Leib und Leben riskieren. Viele Menschen haben ihren Freiheitswillen mit dem Tod bezahlt. Unzählige Menschen wurden nach gescheiterten Fluchtversuchen für Jahre ins Gefängnis gesperrt. Dieser Opfer gedenken wir am 13. August in besonderer Weise. Entscheidend ist und bleibt, dass die Erinnerung daran lebendig bleibt“, erinnert Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag.
Teilen mit:
Gefällt mir:
Weiterlesen »